Sara Tobolska
- Geb. am: 13.0.1917
- Geburtsort: Lodz (Łódź), Polen
- Kategorie: Diplomstudiengang
- Heimatberechtigung: Lodz (Łódź), Polen
- Staatsbürgerschaft: Polen

Sara Tobolska war die Tochter von Jerachim (auch: Jeruchim) Tobolski, der am 5. Juli 1884 in Skidel bei Grodno (damals im Russischen Reich gelegen, heute in Belarus) als Sohn des Abram (auch Avraham) Tobolski und der Tauba (Mädchenname Kawecki) geboren worden war und als Fabrikant in Saras Geburtsstadt Łódź arbeitete, und der Hinda Tobolska (geb. 1881 in Gąbin, Mädchenname Karafka), die 1908 in Lodz geheiratet hatten. Mit Marek (auch Marulek, geb. 6. Dezember 1910 in Lodz) hatte sie einen Bruder.
In ihrer Heimatstadt Lodz besuchte Sara das Humanistische Gymnasium; zu diesem Zeitpunkt wohnte Sie mit ihrer Familie in der Aleja Maja 37. Anschließend war sie zwischen Wintersemester 1936/37 und Wintersemester 1937/38 drei Semester lang an der Hochschule für Welthandel inskribiert. Am 21. Februar 1938 legte sie die letzte Prüfung ab, die Erste (allgemeine) Prüfung; hierüber wurde ihr Ende Mai 1938 ein Zeugnis ausgestellt. Als jüdische Studierende musste sie die Hochschule nach dem 'Anschluss' Österreichs verlassen. Bereits am 15. März 1938 verließ sie ihre Wohnung in der Schultz-Straßnitzky-Gasse 11/6 (9. Wiener Gemeindebezirk), in der sie während ihres kurzen Studiums gemeldet war, und kehrte nach Lodz zurück.
Am 23. Januar 1940 kam Sara von Lodz nach Tschenstochau/Częstochowa, ihr Vater folgte am 27. Mai 1940. Möglicherweise gelangte sie von hier aus nach Ungarn. Jedenfalls stellte sie im November 1940 über das Budapester Palästina-Büro (Erzsébet körút 26) einen Antrag auf die Zulassung zum Studium an der Hebrew University in Jerusalem, die 1918 unter Mitwirkung von Albert Einstein gegründet worden war. Ob sie tatsächlich nach Palästina gelangen konnte, ist ebenso unbekannt wie ihr weiterer Lebensweg.
Dokumentiert ist, dass Saras Vater und ihr Bruder im deutschen Generalgouvernement Opfer der Shoah geworden sind. Von Jeruchim sind Sterbeort und -datum bekannt: Er starb am 1. Juni 1942 in dem Gefängnis von Zawodzie, das die deutsche Besatzungsmacht in Tschenstochau eingerichtet hatte (Pietrzykowski 1983, S. 271).
Auch der größte Teil der Familie von Jeruchims Schwester, die in der Zwischenkriegszeit in Tschenstochau lebte, wurde von den Nationalsozialisten ausgelöscht: Zofia Chaja Sara Faust (geb. 1891 in Skidel unter dem Mädchennamen Tobolska), ihr Mann Jeruchim Faust (geb. am 4. Januar 1888 in Tschenstochau als Sohn von Ludwik Lewek und Szajndla Faust), der in seiner Geburtsstadt in einer Bank gearbeitet hatte, und ihre Tochter Ludwika (geb. 9. Januar 1918 in Tschenstochau) wurden mutmaßlich 1942 im Vernichtungslager Treblinka vergast. Lediglich ihr Sohn Mieczyslaw (geb. 2. Februar 1924 in Tschenstochau, auch Mietek genannt) überlebte die Shoah und den nationalsozialistischen Vernichtungskrieg. Er nahm später die schwedische Staatsbürgerschaft an, als Ingenieur war er zumindest zeitweilig in Brasilien tätig. Mieczyslaw starb am 28. März 2010 im Alter von 86 Jahren und wurde auf dem Friedhof von Lidingö (bei Stockholm) beigesetzt. Im selben Grab wurde seine Frau Renate (geb. 1. April 1922) bestattet, nachdem sie am 5. Juni 2022 im Alter von 98 Jahren gestorben war.
Autor: Johannes Koll
Unterstützung bei der Recherche: Yarden Lenga
Quellenhinweise
Archiwum Państwowe w Łodzi: Akta miasta Łodzi, Zarząd Miejski w Łodzi 1915-1939, Wydział Ewidencji Ludności, odnaleziono kartę do spisu ludności miasta Łodzi z lat 1916-1921, sygn. 25146, strona 71 [Staatsarchiv Lodz: Akten der Stadt Łódź, Stadtverwaltung Lodz 1915–1939, Abteilung für Bevölkerungsregister, Personenblatt für die Volkszählung der Stadt Lodz aus den Jahren 1916–1921, Sign. 25146, Bl. 71].
Archiwum Państwowe w Łodzi: Akta miasta Łodzi, Zarząd Miejski w Łodzi 1915-1939, Wydział Ewidencji Ludności, sygn. 86608, Ewidencja dowodów osobistych wydanych przez Zarząd Miejski w Łodzi od nr 55001 do 60000, strona 37, poz. 55714 [Staatsarchiv Lodz: Akten der Stadt Lodz, Stadtverwaltung Lodz 1915–1939, Abteilung für Bevölkerungsregister, Sign. 86608, von der Stadtverwaltung ausgestelltes Register, Nr. 55001 bis 60000, Bl. 37, Pos. 55714].
Wirtschaftsuniversität Wien, Universitätsarchiv, Studierendenkarteikarte, Alte Prüfungsliste und Protokoll über die erste (allgemeine) Prüfung an der Hochschule für Welthandel, Bd. 4, Bl. 41.
Meldeauskunft des Wiener Stadt- und Landesarchivs, GZ MA 8 – B-MEW – 173145/2013.
Einträge zu Tobolska/Tobolski nach Częstochowa Ghetto Rejestracja für den Zeitraum 22. Januar 1940 bis 7. Januar 1941 und Częstochowa: Registration of Jews coming from other cities to Częstochowa 1940-1941, hier beides aus Czestochowa Archives, Syg. 9061, Nr. 10080, S. 5 (Sara) und Nr. 10696, S. 56 (Jeruchim) bzw. Syg 13797, Nr. 10086, S. 25 (Sara) und Nr. 10919, S. 1 (Jeruchim) nach Częstochowa-Radomsko Area Research Group. Supporting the search for Jewish family history: http://www.crarg.org/ [5. September 2025].
The Central Archive of the Hebrew University, Collection 2100, Admission Requests, 1941.
Yad Vashem: The Central Database of Shoah Victims' Names, Einträge über Jeruhim/Jeruchim/Jerachim Tobolski, ID 1534060, 13047513 und 2033389 sowie über Marek Tobolski, ID 534651, https://collections.yadvashem.org/en/names [4. September 2025].
Jan Pietrzykowski: Więzienie hitlerowskie „Zawodzie“ w Częstochowie, in: Andrzej Szefer (Hrsg.): Więzienia hitlerowskie na Śląsku, w Zagłębiu Dąbrowskim i w Częstochowie, 1939-1945, Kattowitz 1983, S. 210-274.
Częstochowa Book of Permanent Residents 1870-1930, Bd. 6, S. 1031, hier nach Częstochowa-Radomsko Area Research Group. Supporting the search for Jewish family history: http://www.crarg.org/ [5. September 2025].
Yad Vashem: The Central Database of Shoah Victims' Names, Einträge über Zofia Chaja Sara Faust, ID 1008288 und 9272094, Jeruchim Faust, ID 9272093, Ludwika Faust, ID 9272095 und Mieczyslaw Faust, ID 6135055, https://collections.yadvashem.org/en/names [5. September 2025].
MyHeritage.at: Mieczyslaw Faust in Brasilien, Einwanderungskarten nach Brasilien vom 28. August und 12. November 1975, https://myheritage.at [8. September 2025].
Einträge bei Find a grave zu Mieczyslaw und Renate Faust, https://de.findagrave.com/memorial/250419381/mieczyslaw-mietek-faust und (https://de.findagrave.com/memorial/250419550/renate-faust [6. September 2025].