Robert Eder

  • Geb. am} 7.0.1918
  • Geburtsort: Wien
  • Kategorie: Diplomstudiengang
  • Heimatberechtigung: Wien (Wien), Österreich
  • Staatsbürgerschaft: Österreich

Im Anschluss an den Besuch der Volksschule, eines Realgymnasiums und der Handelsakademie VIII in Wien (Hamerlingplatz 5-6) war Robert Eder zwischen Wintersemester 1936/37 und Wintersemester 1937/38 drei Semester an der Hochschule für Welthandel inskribiert. Vor dem 'Anschluss' Österreichs konnte er im Februar 1938 seine Erste (allgemeine) Prüfung abschließen. Ein Weiterstudium oder die Ablegung weiterer Prüfungen wurde dem jüdischen Studierenden verwehrt. Wie sein älterer Bruder Hans wurde Robert am 3. September 1938 von der Hochschule abgemeldet.

Wie zahllose andere Jüdinnen und Juden war er nach dem Einmarsch der Wehrmacht in Österreich Diskriminierungen ausgesetzt. Einmal wurde er von Polizisten genötigt, die Schaufenster eines Geschäftslokals mit dem Wort „Jude“ zu bemalen – und sah sich somit gezwungen, wider Willen an der Stigmatisierung und Ausgrenzung der jüdischen Bevölkerung teilzunehmen. Solche Erlebnisse bestärkten Robert und seine Familie in dem Entschluss, Österreich so bald wie möglich zu verlassen. Mit Unterstützung der Auswanderungsabteilung der Fürsorge-Zentrale der Israelitischen Kultusgemeinde Wien gelang es seinem Vater Hersch (Hermann), seiner Mutter Helene, seinem Bruder Hans und seiner Schwester Lisbeth nach Malta zu emigrieren, wo alle Familienangehörigen Holocaust und Zweiten Weltkrieg überlebt haben. Die Wohnung im Neubaufhof (Neubaugasse 64/1/10, 7. Wiener Gemeindebezirk), in der die Familie seit 1929 gemeldet war, musste man ebenso aufgeben wie die Fabrik für Damenstroh- und Filzhüte, die der Vater anfangs in der Mariahilfer Straße 51, später dann in der Neubaugasse 30 (6. bzw. 7. Bezirk) betrieben hatte. Den Großeltern, die im selben Haus wohnten, wurde das Café Neubauhof genommen. Außerdem wurden die Autos, die Robert und Hans jeweils besaßen, von Nationalsozialisten beschlagnahmt. Das Möbiliar, das im Sommer 1939 per Schiff nach Malta transportiert worden war, wurde nicht entladen: Um nach dem mittlerweile erfolgten Ausbruch des Zweiten Weltkriegs einer Konfiszierung durch die britischen Behörden auf Malta zu entgehen, kehrte das Schiff mit seiner Fracht nach Deutschland zurück. Statt an die rechtmäßigen Eigentümer gelangten die Möbel der Familie Eder zu ausgebombten Familien in Norddeutschland.

Mit nur zehn Schilling in der Tasche verließ Robert am 14. September 1938 Wien mit dem Zug. Nach einem Zwischenaufenthalt in Italien setzte er von Sizilien aus mit einem Fährschiff auf die britisch verwaltete Mittelmeerinsel über. Er folgte damit seinem Bruder Hans, der zum Zeitpunkt des ‚Anschlusses‘ gerade auf Geschäftsreise auf Malta gewesen war und dort den Nachzug der Familie vorbereitet hatte. Später folgten Eltern, Großeltern und Schwester Lisbeth.

Während im ‚Großdeutschen Reich‘ die väterliche Firma in der Neubaugasse 30 NS-affinen kommissarischen Verwaltern (L. Schneider jr. und Major Ernst Zvanetti) unterstellt und im Februar 1940 liquidiert wurde und gegen Hermann Eder am 17. Januar 1939 ein Konkursverfahren vor dem Landesgericht Wien für Zivilrechtssachen eröffnet wurde, erhielt Familie Eder auf Malta die Erlaubnis, eine Fabrik zu eröffnen. Als die italienische und die deutsche Luftwaffe die Insel während des Zweiten Weltkriegs bombardierten, wurde die Familie - getrennt nach Geschlechtern - von den britischen Behörden zwei Mal interniert. Die erste Internierung währte drei Monate, beim zweiten Mal war man insgesamt zwei Jahre lang in Haft. Nachdem sein Bruder bereits im August 1943 die britische Staatsbürgerschaft verliehen bekommen hatte, wurde Robert am 8. Juli 1944 vom "Ministry of Home Security" eingebürgert.

Nach dem Krieg baute Robert mit seinem Bruder in verschiedenen maltesischen Städten Geschäfte auf. Diese firmierten unter dem Label HARO, das sich aus den ersten Buchstaben der Vornamen des Geschwisterpaars zusammensetzte. Zunächst verkaufte man Hüte, später kamen qualitativ hochwertige Kleidungsstücke hinzu. 1947 heiratete Robert Annette Barnstein, die einer jüdischen Familie aus Griechenland entstammte. Aus dieser Ehe sind zwei Kinder hervorgegangen: Philip und Lynn (später verheiratete Silver). Als Malta 1964 von Großbritannien in die Unabhängigkeit entlassen wurde, nahm Robert Eder die maltesische Staatsbürgerschaft an.

Noch im hohen Alter war Robert Eder Präsident der Jewish Foundation of Malta.

Einen Monat vor seinem 100. Geburtstag ist der vierfache Großvater und dreifache Urgroßvater Robert Eder während eines Krankenhausaufenthalts am 8. Januar 2018 auf Malta verstorben. Seine Frau war bereits am 20. Januar 2002 auf Malta verstorben.

 

Autor: Johannes Koll

Bilder

Quellenhinweise

Wirtschaftsuniversität Wien, Universitätsarchiv, Studierendenkarteikarte und Alte Prüfungsliste.
Interview mit Dr. Johannes Koll (Wirtschaftsuniversität Wien) in Sliema (Malta) zwischen 10. und 13. November 2013.
Archiv der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, Best. Jerusalem, A/W 2589/43, Nr. 16846.
Österreichisches Staatsarchiv, Archiv der Republik, Finanzen, HF, Zl. 4557.
Compass. Kommerzielles Jahrbuch 1938. Österreich, hrsg. von Rudolf Hanel, 71. Jg., Wien 1938, S. 1314.
Zentralblatt für die Eintragungen in das Handelsregister in der Ostmark, Ausgaben vom 7. Dezember 1938 (Nr. 15597, S. 988), 11. Januar 1939 (Nr. 344, S. 21), 25. Januar 1939 (Nr. 1597, S. 79), 8. März 1939 (Nr. 3312, S. 170), 28. Februar 1940 (Nr. 1804, S. 116) und 23. Juli 1941 (Nr. 5590, S. 296).
Malta Family History: Jewish Residents since 1800, http://website.lineone.net/~aldosliema/Jewish%20Residents.htm [30. August 2013].
Meldeauskunft des Wiener Stadt- und Landesarchivs, GZ MA 8 – B-MEW – 96140-2013.
Interview von Patricia Salomone mit Robert Eder in Sliema vom April und Mai 2009, University of Malta, Department of History, Oral history depository, Nr. 476.
National Archives (Kew, Großbritannien): HO 334/255/3357.
The Jews in Malta, http://www.jewsofmalta.org/history.htm. Malta today vom 31. Januar 2010, http://www.maltatoday.com.mt/2010/01/31/t15.html [30. August 2013].
E-Mail von Philip Eder (Sohn) vom 4. April 2018 an PD Dr. Johannes Koll (WU Wien).

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