Alfred Maria Posselt
- Geb. am} 22.0.1921
- Geburtsort: Wien
- Kategorie: Diplomstudiengang
- Heimatberechtigung: Wien (Wien), Österreich
- Staatsbürgerschaft: Deutsches Reich / Österreich
Alfred Maria war Sohn des Schuldirektors Alfred (1887-1975) und der ungarischen Jüdin Johanna Posselt, geborene Pongrácz bzw. Pankratz (1898-1979).
Unter dem Austrofaschismus war Posselt 1937/38 Mitglied der sogenannten Frontmiliz, einer paramilitärischen Organisation der Einheitspartei ‚Vaterländische Front‘. Nach dem ‚Anschluss‘ Österreichs war er gezwungen, „die widerliche Uniform“ des Reichsarbeitsdienstes zu tragen (Posselt 1987, S. 1). Erst danach konnte er sich zum Studium einschreiben.
Posselt war dann zwischen 1939 und 1941 fünf Semester lang an der Hochschule für Welthandel inskribiert. Da er aber nach nationalsozialistischer Auffassung als 'Mischling' galt, war für die Anerkennung des Studiums die Zustimmung des Reichsministeriums für Erziehung, Wissenschaft und Volksbildung (Berlin) erforderlich. Diese wurde ihm zwar zunächst im Herbst 1940 gewährt, zur Diplomprüfung aber wurde er nicht zugelassen. Während Posselt an der Universität Wien im Dezember 1942 den akademischen Grad eines Magisters der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften erwarb, konnte er sein Studium an der 'Welthandel' vor dem Ende der NS-Herrschaft nicht abschließen.
Im April 1941 wurde Posselt zum Wehrdienst einberufen. Seiner eigenen Darstellung zufolge handelte es sich hierbei um eine "Frontbewährung" (Posselt 1992, S. 69). 1942 und 1944/45 sei er wiederholt in Haft genommen worden. Der Verurteilung zum Tod sei er im Dezember 1944 nur durch die Fürsprache seines Cousins Odo Posselt entkommen, des Gauhauptstellenleiters Niederdonau.
Wie er selber nach dem Krieg mehrfach, wenn auch ohne konkrete Auskünfte zu den jeweiligen Einsatzorten und bedauerlicherweise mit wechselnden Angaben zu den Ländern, in deren Dienst er gestanden haben will, betont hat, beteiligte er sich ab September 1944 in den Reihen der polnischen, britischen und niederländischen Streitkräfte an der Befreiung von der NS-Tyrannei; auch die ungarische Armee habe sich für ihn interessiert. Nach Kriegsende sei er dann als Offizier zur Niederländischen Militärmission nach Wien beordert worden und habe darüber hinaus die Interessen der von den Nationalsozialisten verfolgten Studierenden der Hochschule für Welthandel vertreten. Außerdem habe er der Entnazifizierungskommission der Universität Wien angehört.
Das Studium der Wirtschaftswissenschaften konnte Posselt erst nach dem Zweiten Weltkrieg fortführen. Mit Unterbrechungen war er zwischen Wintersemester 1945/46 und Wintersemester 1959/60 erneut an der Hochschule für Welthandel eingeschrieben; dabei wurde ihm als Wiedergutmachung ein Semester gutgeschrieben. Ende Juni 1946 wurde ihm die Diplomurkunde ausgestellt, im März 1948 wurde er mit der Dissertation über das Thema Calvin und der Kapitalismus zum Doktor der Handelswissenschaften promoviert.
Alfred Maria Posselt starb am 28. Januar 2009, er wurde auf dem Friedhof Ottakring bestattet. In demselben Grab ist neben seinem Vater und weiteren Verwandten seine Großmutter mütterlicherseits begraben. Die betagte Jüdin wurde kurz vor der Befreiung Opfer des NS-Regimes: Im April 1945 wurde Johanna Pankratz (bzw. Pongratz) im Alter von 87 Jahren von SS-Männern getötet. Ihr Leichnam wurde im September 1945 in einem Massengrab jüdischer Opfer im Augarten (2. Wiener Gemeindebezirk) entdeckt und im November auf den Friedhof Ottakring umgebettet.
Autor: Johannes Koll
Quellenhinweise
Wirtschaftsuniversität Wien, Universitätsarchiv, Karteikarte.
Alfred M. Posselt: Die Ehrenarier – Verräter oder geschonte Opfer? Eine zeitgeschichtliche Studie (150 untersuchte Einzelfälle), Wien 1992. Anmerkung: Die Angaben, die Posselt nach dem Zweiten Weltkrieg über seine eigene Vergangenheit und die seiner Familie in der NS-Zeit gemacht hat, sind nicht frei von falschen Angaben und problematischen Darstellungen. Sie konnten bisher jedoch nicht systematisch überprüft werden.
Alfred M. Posselt: Österreichische Soldaten in den alliierten Streitkräften des Zweiten Weltkrieges (1938-1945), 2 Teile, Wien 1987/1988. Anmerkung: Florian Traussnig bezeichnet das Buch zutreffend als „wenig aussagekräftig und über weite Strecken erratisch“ (Militärischer Widerstand von außen. Österreicher in US-Armee und Kriegsgeheimdienst im Zweiten Weltkrieg, Wien/Köln/Weimar 2016, S. 23).
Interview von Herbert Posch und Werner Lausecker mit Dr. Alfred Maria Posselt vom 26. März 2001, hier nach dem Brief von Dr. Herbert Posch und Katharina Kniefacz (Universität Wien) an Dr. Johannes Koll (Wirtschaftsuniversität Wien) vom 13. Februar 2013).
Friedhöfe Wien, Verstorbenensuche: http://www.friedhoefewien.at/eportal/ [30. August 2013].
Yad Vashem: The Central Database of Shoah Victims' Names, http://db.yadvashem.org/names/search.html?language=en [30. August 2013].